Preußenzeit

1815 endete die Schwedenzeit, es begann die preußische. Stralsund zählte damals 13200 Einwohner.

Vom Stralsunder Hafen wird weiterhin weltweiter Handel betrieben. Aber auf Grund der Anfang des 19. Jahrhunderts, verfügten Handelsbeschränkungen (Schutzzölle) auf einen Großteil ausländischer Märkte, gerät die Stralsunder Schifffahrt in eine tiefe Krise. Besonders Getreide, Stralsunds Haupthandelsgut, war betroffen. Bis 1836, innerhalb von 20 Jahren, halbierte sich die Anzahl der von Stralsundern bereederten Schiffe auf ca. 60. Erst nachdem die Handelsbeschränkungen aufgehoben, bzw. gelockert wurden, blühte auch der Getreidehandel wieder auf und die Stralsunder Reedereien erholten sich zusehends. In den 1840-ern waren dann wieder 96 und in den 1870-ern ca. 200 Schiffe unter Stralsunder Flagge auf den Weltmeeren unterwegs.
Im Export waren neben dem Getreide noch hauptsächlich Kartoffeln, Fisch und Bier.
Importiert wurde Holz, Eisen, Kalk, Steine, Teer, Pech, Tran, Flachs, Hanf, Segeltuch, Öl, Talg, Kohle, Salz und Eisen, Kaffee, Reis , Gewürze, Tabak und Wein aus Schweden, Holland, Russland, Frankreich, Dänemark und England. Stralsunder Segelschiffe verkehrten auch im Salpeterhandel von Chile und Peru nach Europa.

transStralsund - Großsegler der damaligen Zeittrans

Ende des 19. Jahrhunderts setzte der Niedergang der Stralsunder Handelsflotte, die zum größten Teil aus Segelschiffen besteht, durch Wandlungen im Welthandel und die technische Entwicklung in der Seefahrt ein. Der Fortschritt in der Schifffahrt vollzog sich rasant und zudem wurden die USA und Kanada Hauptgetreideexporteure und verdrängten auch Stralsunder Reedereien. So waren in den 1890-er nur noch ca. 35 Schiffe in Stralsund registriert und auf den Werften fand faktisch auch kein moderner Schiffbau mehr statt. Dem Trend zur Umstellung auf die Dampfschifffahrt wurde durch die Stralsunder Reedereien und Werften faktisch verschlafen, obwohl die Überlegenheit und Vorzüge des Dampfschiffes gegenüber dem Segelschiff für Stralsund nicht unbekannt waren. Schon 1824 legten in Stralsund die ersten Dampfschiffe, der preußische Raddampfer „Der Adler“ und der schwedische Raddampfer „Constitutionen“, an und lösten die Segelschiffe auf der Postlinie Stralsund – Ystad (Südschweden) ab.

transStralsund - Modell des Raddampfers "Altefähr" (Kultur-Historisches-Museum-Stralsund)trans

Ab 1856 verkehrte zudem zwischen Rügen (Altefähr) und Stralsund, der in einer Rostocker Werft gebaute Raddampfer „Altefähr“. Er wies zwar erhebliche technische Probleme und Konstruktionsmängel auf und wurde deswegen Zielscheibe des Spotts der Rügener und Stralsunder aber vom Raddampfer „Rügen“, der 1858 den Fährbetrieb zwischen Stettin und Stralsund aufnahm, wird so etwas nicht berichtet. Diese Linien wurden immer weiter ausgebaut und von immer moderneren Dampfschiffen bedient. Zudem wurden neue Verbindungen eröffnet.

transStralsund - alte Speicher im Hafentrans

Neben dem Hafen, der Schifffahrt und den Werften hat Stralsund u.a. eine Spielkartenfabrik, eine Möbelfabrik, eine Stärkefabrik, eine Korkenfabrik, zahlreiche Tabakfabriken, Wind- und Wassermühlen, Brauereien, Mälzereien, Branntweinbrennereien und ein weit gefächertes, entwickeltes Handwerk. In der Mitte des 19. Jahrhunderts entwickelten sich weitere kleine Industriebetriebe im Industrierevier, dem Gelände der Frankenvorstadt. Es entstanden u.a. überwiegend zur Versorgung des heimischen Marktes Ziegeleien, eine Eisengießerei, ein Gaswerk, eine Zuckerfabrik, eine Wattefabrik, eine Ölmühle und eine Destillation- und Weinessigfabrik.

transStralsund - Spielkartetrans

Exportschlager waren Erzeugnisse u.a. der Spielkartenfabrikation (bis zur Verlegung des Betriebes nach Altenburg in Thüringen), der 1825 gegründeten Pianofortefabrik Lindner & Sohn und der 1892 entstandenen Bogenlampenfabrik Naeck&Holsten, die elektrische Geräte und Lichtanlagen herstellte.

1852 errichteten die Gebrüder Wertheim ein „Manufactur-Modewaren-Geschäft“ und bauten 1875 das erste Wertheim-Kaufhaus in Stralsund. Im August 1879 eröffnet Leonhard Tietz einen kleinen Laden und legt damit den Grundstein für den später als „Kaufhof“ bekannten Konzern.

Schon vor der Aufhebung des Festungscharakters 1873, um der wirtschaftlichen Entwicklung nicht im Weg zu stehen, hatte die Ausbreitung der Vorstädte, die Franken-, die Triebseer- und die Kniepervorstadt begonnen. Von 1860 – 1895 entstanden in den Vorstädten etwa 300 Wohnhäuser.

transStralsund - Fabrik- oder Verwaltungsgebäude anstelle der südlichen Stadtmauertrans

Das Gesicht der Alt- und Vorstadt wandelte sich. Für Banken, Hotels, Kaufhäuser und Verwaltungsgebäude musste "historische Bausubstanz" weichen. Besonders rigoros verfuhr man mit den mittelalterlichen Befestigungsanlagen. In Stralsund standen die alten Stadttore auf der Abbruchliste an erster Stelle.

transStralsund - Kütertor (2010)trans

1850 standen noch elf Tore, übrig blieben nur das Semlower- (zerstört 1944 bei einem anglo-amerikanischen Bombenangriff), das Küter- und das Kniepertor.
Den Abrissanfang machte 1853 das dekorative Heilgeisttor. Während der Jahrzehnte wurden Straßen befestigt, die nach Niederschlägen kaum passierbar waren. 1859 begann man in Stralsund ein unterirdisches Abwassersystem zu errichten, in dem das Abwasser noch ungeklärt in den Strelasund geleitet wurde. Ab 1890 erfolgte dann durch eine Klärvorrichtung eine grobe Reinigung. 1894 wurde mit der Inbetriebnahme des Wasserwerkes Lüssosw der Missstand der Wasserversorgung wegen des bestehenden Grundwassermangels beseitigt. Im neuen Wasserwerk wurde das Oberflächenwasser des Borgwallsees entnommen und durch eine Filteranlage gereinigt. Bis dahin entnahm man über Jahrhunderte das Wasser der Stadtteiche ungefiltert als Trinkwasser und für Wirtschaftszwecke. Die Auswirkungen durch verseuchtes Trinkwasser waren katastrophal. Es starben, in Stralsund mehr Menschen an Typhus als in anderen Städten. Stralsund erlangte in Deutschland den Ruf eines Typhusnestes. Aber es kam auch regelmäßig zu Cholera-, Malaria-, Ruhrepidemien. Nach Inbetriebnahme des Wasserwerkes erlosch schlagartig diese Gefahr.

Zu Beginn des 20. Jahrhunderts gab es in Stralsund 7 Hotels, 21 Gaststätten, 3 Gartenlokale, 99 Schank-, Speise,- und Bierwirtschaften.

Zeittafel :

transKriegsschoner "Stralsund (1817 - 1829) mit Heimathafen Stralsund war Grundlage für den Aufbau der preußischen Marine im 19. Jahrhunderttrans

1848 Geburtsstunde der ersten preußisch deutschen Marine durch Errichtung des ersten deutschen Kriegshafens auf der Insel Dänholm.
1850 ca. 18000 Einwohner
1851 Telegrafenleitung zwischen Stralsund und Stettin
1854 wird das erste deutsche Seekabel durch den Strelasund verlegt
1857 wird Stralsund durch 325 Gaslaternen beleuchtet, an den Anschluß für Privathaushalte wurde kontinuierlich bis zur Elektrifizierung gearbeitet
1859 Baubegin für ein unterirdisches Abwassersystem
1863 Anschluß an die Strecke Berlin – Stettin
1866 wird am Frankenwall ein modernes Hospital eröffnet
1871 werden die Kriegsschiffe nach Kiel verlegt
1873 wird der Festungscharakter Stralsunds aufgehoben
1878 Fertigstellung der Eisenbahnstrecke Berlin - Neubrandenburg – Stralsund (Nordbahn)
1883 Trajektverbindung der Bahn nach Rügen
1887 Fernsprechanlage für Gespräche innerhalb der Stadt

transStralsunder Postgebäude (2010)trans

1888 Errichtung des Postgebäudes am neuen Markt
1888 Eröffnung der Bahnstrecke nach Damgarten an der mecklenburgischen Grenze
1894 Inbetriebnahme des Wasserwerkes Lüssow
1894 Telefonleitung nach Anklam und Stettin
1894 erstmals elektrisches Licht in der Stadt
1895 erhalten ortsansässige Firmen und Geschäfte elektrisches Licht
1895 Telefonleitung nach Barth
1898 Telefonleitung nach Berlin
1899 werden private Haushalte mit Strom ausgestattet
1900 Stralsund erhält elektrische Straßenbahn
1900 Stralsund hat ca. 32000 Einwohner

transStralsund - Hauptbahnhof im Sommer 2011trans

1904 Einweihung des Hauptbahnhofes
1911 Elektrizitätswerk in der Frankenvorstsadt nimmt seinen Betrieb auf
1931 – 1935 Bau des 2,5 Kilometer langen Rügendammes

Einige Fotos wurden mit freundlicher Genehmigung des Kulturhistorischen Museums Stralsund veröffentlicht.

Angaben ohne Gewähr

Die Daten und Informationen stammen nach Recherchen aus zahlreichen verschiedenen Quellen, u.a. Geschichtsbüchern der letzten 60 Jahre, Wikipedia und Museumsbesuchen.