Sehr schweres Fahrwasser für die traditionelle Küsten- und Boddenfischerei Rügens
Die Küstenfischer haben es schwer – ständige und einschneidende Regulierungen der Fangquoten, unzureichende Unterstützung beim Aufbau und Erhalt der Existenz, die Nichtgewährung von Investitionskrediten sowie der Preisverfall beim Verkauf an den Großhandel führen zur Bedrohung der traditionellen regionalen Fischerei.
Die Küstenfischer verloren in den vergangenen 16 Jahren rund 75 % ihrer Dorschquote und auch die Heringsquote wurde in der letzten Zeit sehr einschneidend gekürzt. Die niedrigen Quoten müssen von den Fischern über einen längeren Zeitraum „gestreckt“ werden, um sie nicht zu schnell abzufischen. Die Heringsbestände in der Ostsee erholen sich derzeit – obwohl in diesem Jahr wieder 8 % mehr Hering gefangen werden darf, bleibt die erlaubte Fangmenge jedoch gering.
Beim Existenzaufbau müssen die Boote mit Fangquote gekauft werden oder eine Quote von der Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung erworben werden. Gefördert werden beim Kauf nur Schiffe, die nicht älter als 30 Jahre, aber auch nicht jünger als10 Jahre sind. Nur mit Booten, die in der Fahrzeugkartei der EU bereits registriert sind, darf eine gewerbliche Fischerei ausgeübt werden. Kutterneubauten werden nicht gefördert. Ein Jungfischer muss also ein bereits existierendes Fischereifahrzeug kaufen oder Nachfolger im eventuell bestehenden Familienbetrieb werden. Die Quote ist nicht mehr an die Fischer gebunden, sondern an das Schiff.
Der Großhandel bietet derzeit für ein Kilogramm Hering nur ca. 30 Cent und für ein Kilogramm Dorsch nur ca. 90 Cent.
Waren im Jahr 1991 noch 950 Betriebe der kleinen Hochsee- und Küstenfischerei in Mecklenburg-Vorpommern im Haupterwerb tätig, so waren es im Jahr 2016 nur noch 255. (Landesamt für Landwirtschaft, Lebensmittelsicherheit und Fischerei Mecklenburg-Vorpommern / LALLF M-V)
Urlaubsgäste erwarten in den Gaststätten natürlich Fischgerichte aus heimischen Fanggebieten - die Restaurants entlang der Küste beziehen den Fisch jedoch kaum von regionalen Küstenfischern, sondern überwiegend billigere Tiefkühlware aus anderen Fanggebieten.
Die Fischerei mit seinem frischen Fisch gehört in diese Region wie auch Häfen und Werften. Die meisten Urlaubsgäste haben in ihren Vorstellungen von dieser Urlaubsregion auch dieses Bild vor Augen – nicht nur den Badestrand.
Ihr Überleben können die Fischer zunehmend nur mit einem passenden Vermarktungssystem sichern, das aus dem Direktverkauf durch einen Fischstand und Lieferung an den Großhandel, kombiniert mit Gastronomie - Imbiss, eigener Räucherei und Gaststätte – besteht.
Von der Universität Greifswald wurde das Projekt „Fishmarket“, an das sich fünf Ostsee-Anrainerstaaten beteiligen, ins Leben gerufen. Es wird von der EU mit 1,9 Millionen Euro gefördert. Es werden Landesbezogen Projektpartner daran beteiligt, die anteilig die Fördergelder erhalten. Für die Region Rügen und Vorpommern sind es die Küstenfischer-Verbände Hiddensee und Mecklenburg-Vorpommern, die Wirtschaftsförderung Vorpommern und der Tourismusverband. Das Projekt soll die Fischer bei der Direktvermarktung unterstützen. Es werden u.a. Schulungen und Seminare angeboten. Es wurden Konzepte entwickelt, die zum Beispiel die Etablierung von Fischmärkten in den Häfen beinhaltet. Im Herbst soll eine Test-Veranstaltung - ein Fischmarkt - nach diesem Konzept im Hafen von Schaprode auf Rügen stattfinden.
Es ist im Interesse der regionalen Fischerei und des Tourismus - und damit auch in ihrem eigenen - wenn die Gastronomischen Einrichtungen verstärkt traditionelle, regionale Rezepte mit Fisch aus der Region anbieten.
Nach Meinung ansässiger Fischer gibt es in 20 Jahren nur noch 10 bis 12 Haupterwerbsfischer auf Rügen – wenn da nicht gegengesteuert wird.
Informationen z.Teil aus der Ostsee-Zeitung / 19. und 30. Mai 2017